Schweißen im Schiffbau – mit Sicherheit eine Herkulesaufgabe. Die kroatische Werft Gulet baut in erster Linie Kreuzfahrtschiffe in Form von Großyachten, weshalb sie ausführlich über die extremen Schweißherausforderungen berichten kann: Beengte Platzverhältnisse erfordern hohe Geschicklichkeit und eine treffsichere Wahl der geeigneten Schweißposition. Im Liegen oder im Knien schweißen gehört hier zum Alltag.
Die kroatische Adria: Ausgedehnt auf über 6000 Kilometer bietet die schroffe Felsküste vor dem Hintergrund türkisblauen Wassers und der vielfältigen Inselwelt ein Paradies für Liebhaber der Freizeitnautik. Neben zahlreichen Wassersportarten erfreuen sich auch Kreuzfahrten steigender Beliebtheit. Zu den Anlaufpunkten zählen unteranderem die zahlreich historischen Küstenstädte – so auch Trogir, das mit seiner zauberhaften Altstadt besticht. Zugleich ist es Heimathafen der Gulet Werft. Seit der Gründung im Jahr 2015 hat die Manufaktur, welche derzeit über 16 Mitarbeiter verfügt, bereits acht Schiffe gefertigt: „Dabei sind ungefähr sechs Monate für ein Schiff einzuplanen. Da wir aber jegliche Schweißarbeit im Freien verrichten, hängt die tatsächliche Bauzeit stark von den Witterungsbedingungen ab“, erklärt Mirko Purić, Inhaber von Gulet. „Deshalb benötigen wir auch robuste sowie hochqualitative Schweißgeräte, die den teils extremen Bedingungen standhalten und problemlos funktionieren.“
Schiffbau und die speziellen Herausforderungen bei Gulet
Generell verlangt die Infrastruktur der Werft, dass alles per Hand geschweißt wird. Hierbei wird in erster Linie einfacher Schiffbaustahl verwendet, weshalb die vier ausgebildeten Profi-Schweißer vorwiegend auf das MAG-Verfahren zurückgreifen. Zu den herkömmlichen Anforderungen im Schiffbau kommen die im Sommer teils extremen Temperaturen von bis zu 50°C, die wegen fehlender Schatten spendender Überdachungen zusätzlich erhitzt werden. Eine weitere Herausforderung sind die stets beengten Platzverhältnisse im Schiffsinneren. Im Bug der Schiffe kann die Höhe schon mal weniger als 40 Zentimeter betragen. Neben stehend-, gehört auch schweißen im Knien oder im Liegen zum Pflichtprogramm – eindeutig ist bei der schweißtreibenden Arbeit voller Körpereinsatz verlangt. „Vertikal-, Horizontal- und Winkelschweißen sind natürlich Grundvoraussetzungen, weshalb es alles in allem so schwierig ist, erstklassige Schweißer zu finden“, veranschaulicht Werftinhaber Puric die problematischen Voraussetzungen.
Zwar kann sich Puric glücklich schätzen – seine Mitarbeiter sind allesamt hochprofessionell. Um sich jedoch voll und ganz auf die teils enormen Schweißherausforderungen konzentrieren zu können, legen die Schweißer auf möglichst intuitiv bedienbare Geräte wert. In Puric Augen sei ein weiteres Plus von Schweißgeräten mit so einfacher Handhabung, dass die Einarbeitung neuer Mitarbeiter im Handumdrehen gelinge – die Schweißgeräte beherrschen sie bereits nach einer kurzen Einweisung.
Dass die Gulet-Werft ausschließlich im Freien an der Hafenmole produziert, hat den Vorteil, dass die fertigen Passagierschiffe direkt vom Stapel laufen können – ohne zusätzliche Transportwege. Allerdings stehen ihnen dabei keine überdachten Hallenanlagen zur Verfügung, weshalb die Witterungseinflüsse die Arbeit zusätzlich erschweren. Vor allem Wind und Feuchtigkeit stellen besondere Herausforderungen, da sie die Schweißergebnisse extrem beeinflussen können. Teilweise erfordert die Arbeit im Freien deshalb auch das Schweißen mit Stabelektroden, da hier keine Beeinflussung der Schutzgashülle stattfindet.
Nicht nur die Witterungsbedingungen, sondern auch zahlreich anfallende Heftarbeiten, quer über das ganze Schiff verteilt, setzten das Schweißen mittels Stabelektrode voraus. In diesem Zusammenhang geht es auch um das Thema Mobilität: Kompakte und leichte Schweißgeräte, die teilweise weniger als 5 Kilogramm wiegen und im Handumdrehen an die entlegensten Stellen transportiert werden können, sind hier gefragt. Gleichzeitig müssen sie die anfallenden Schweißherausforderungen mit möglichst stabilem Lichtbogen hochprofessionell meistern können.
Strenge Überprüfungen der Stahlbleche und Schweißnähte
Gulet baut primär Kreuzfahrtschiffe bis zu einer Maximallänge von 120 Metern. Dabei kommt in erster Linie vom DNV GL (Germanischer Lloyd) klassifizierter Schiffbaustahl zum Einsatz. „Bleche ohne Prüfzeugnis von Lloyd muss ich erst zum Härte- und Biegetest in die Werft nach Split bringen. Nur so kann ich sicher gehen, dass die von uns verarbeiteten Stahlbleche keine Qualitätsmängel aufweisen“, fährt Purić fort. Die Klassifizierungsgesellschaft Germanischer Loyd gibt in diesem Zusammenhang auch die Verwendung von DNV-GL-zugelassenen, rutilen Fülldrähten vor – im Falle von Gulet haben diese 1,2 mm Durchmesser.
Eigentlich ist die Verwendung von Fülldraht eher ein Relikt aus der Zeit analoger Stromquellen: Die Pulverfüllung macht den Schweißvorgang nochmals oberflächenunempfindlicher, weil sie Schlacke um die Schweißnaht ausbildet, wodurch Spritzer stark reduziert werden. Bei späteren Abnahmen ist das von enormer Wichtigkeit, da neben der Festigkeit auch die Ästhetik einer Naht von entscheidender Bedeutung ist. In Zeiten digitaler Stromquellen wäre die Verwendung von Fülldrähten rein technisch gesehen nicht mehr zwingend notwendig. Moderne Schweißgeräte, wie sie auch die Gulet-Werft einsetzt, bringen hohe Prozessstabilität mit sich, weshalb die Verwendung von Fülldrähten als zusätzlicher Bonus an die Schweißnahtoptik zu sehen ist. Andererseits ergibt sich daraus auch ein notwendiger Beitrag zur Produktivität beim Steignahtschweißen.
Kennlinien und Anforderungen ans Design von Schweißgeräten im Schiffbau
MAG-Fülldraht-Schweißen in Zeiten digitaler Stromquellen setzt vor allem eines voraus: in erster Linie die erforderlichen Kennlinien für den Schiffbau, über die ein aktuelles Schweißsystem verfügen sollte. Die sogenannte Fülldrahtkennlinie ist Grundvoraussetzung für die Anforderungen bezüglich beschichtetem Schiffbaustahl, sowie natürlich für die Verwendung der rutilen Fülldrähte.
Da jedoch die Toleranzen hinsichtlich der im Schiffbau verwendeten Bleche deutlich größer sind als beispielsweise im Automobilbau, ist gute Spaltüberbrückbarkeit ein weiterer wesentlicher Anspruch. Auch hier können speziell entwickelte Kennlinien unterstützen, die vor allem bei der Wurzelschweißung von Rohrstößen perfekt unterstützen.
Über alle prozesstechnischen Innovationen hinaus benötigen Schiffbauer vor allem eines: Schweißgeräte mit überaus robustem Design. Sie sollten also absolut widerstandsfähig sein – denn im Schiffbau mit schwerem Stahl geht es gehörig zur Sache und die Gerätschaften werden nicht gerade zimperlich behandelt!
Prüfung mit Kalk und Petroleum
Gulet fertigt die Schiffe in einzelnen Abschnitten. Nach dem Zusammenfügen einzelner Bausegmente, kommt ein Prüfer von der Gutachterstelle – in Summe mindestens zehn Mal während des Bauverlaufs, da die Schiffe aus mindestens zehn Segmenten bestehen. Wird zum Beispiel der Kiel, der wichtigste Längsverband eines Schiffes, mit der Außenhaut verbunden, unterzieht der Gutachter sämtlich verwendete Materialien einer strengen Prüfung. Dabei werden die Schweißnähte an der Außenhaut in der Regel mit Kalk, von der Innenseite mit Petroleum bestrichen. Tritt das Petroleum innen aus, ist die Verfärbung auf der anderen Wandseite im Kalk deutlich sichtbar – was auf ein Loch in der Schweißnaht hindeutet. Es folgen aufwendige Ausbesserungsarbeiten an der Schweißnaht: ausfräsen, abschleifen und nochmals verschweißen.
Schweißgeräte mit digitaler Prozessregelung können auch hier ihre Stärken ausspielen. Der vielfältige Funktionsumfang bringt wertvolle Optionen mit sich: So kann der Schweißprozess beispielsweise mit der Lichtbogen-Längenkorrektur und viele weiteren Möglichkeiten bestmöglich optimiert werden, um so aufwändige Nacharbeiten auf ein Minimum zu reduzieren.
Röntgenaufnahmen der Kreuzstöße
Den Auflagen des Germanischen Lloyds entsprechend führt der Prüfer bei etwa 30 Prozent der Kreuzstöße an einem Schiff Röntgenaufnahmen durch. Kleine schwarze Punkte im Bild deuten darauf hin, dass womöglich Reste der Schlacke im Schweißgut eingeschlossen sind. Da die Naht wahrscheinlich porös ist, beginnt es auch in diesem Fall wieder von vorne: Von der Wurzel weg wird die Schlacke Schweißlage für Schweißlage, bis hin zu den Zwischen- und Fülllagen, minuziös entfernt.
Der Schiffbauer unterliegt strengen Überprüfungen. Bei etwa 30 Prozent der Kreuzstöße an einem Schiff werden Röntgenaufnahmen durchgeführt.
Gulet und die Zukunftsaussichten
Die aufwendigen Arbeiten und Kontrollen zeigen es eindeutig: Gulet will und kann Qualität liefern. Nicht zuletzt ist das der Grund, weshalb die kroatische Werft hinsichtlich des Schweißequipments modernste Prozesstechnik in ihre Fertigung integriert hat. Im hochwertigen Produktportfolio des Schiffbauers sind Kreuzfahrtschiffe offenbar nur der Anfang: Zukünftig wird Gulet auch Boote für die Hochseefischerei bauen – der erste sogenannte Trawler ist gerade in der Herstellung.
Neugierig geworden?
Auch das Produktportfolio von Fronius umfasst Geräte, die der Schiffbau perfekt einsetzen kann. Die Anforderungen der Gulet-Werft im MAG-Schweißbereich werden überwiegend mit der TransSteel 5000 abgedeckt. Für die kleinen Heftarbeiten mit der Stabelektrode greifen die Bootsbauer auf die TranPocket 150 zurück. Bei nicht mal fünf Kilogramm ist das Leichtgewicht im Handumdrehen überall einsatzbereit.
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