Wann ist der Anwender tatsächlich schweißbereit? Wenn er das Werkstück schon vorbereitet hat, das Gerät eingeschaltet ist, Handschuhe und Helm übergezogen sind und der Gasschlauch bereits angeschlossen ist? Was kommt dann? Unser Blogartikel gibt Antworten am Beispiel von MIG/MAG Handschweißen.
1) Der Grundwerkstoff
Noch lange bevor es darum geht, wie das Schweißgerät eingestellt werden muss, gilt es zu identifizieren, aus welchem Metall das Werkstück ist – die Basis für alle weiteren Schritte. Meist ist dem Schweißer natürlich bekannt, um welches Material es sich handelt. Wenn nicht, helfen einige Testmethoden:
/ Optischer Eindruck: Das geschulte Auge erkennt auf den ersten Blick, ob es sich um Stahl, Edelstahl, Aluminium oder andere Metalle handelt. Vor allem die Farbe ist aufschlussreich. Stumpfes, dunkles Grau weist auf einen hohen Eisen-Gehalt hin. Hell und funkelnd deutet auf Chrom- Nickel-Legierungen hin.
/ Magnet-Test: Im Zweifel kann ein Magnet bei der Identifizierung des Materials helfen. Lediglich Stahl, Nickel und Kobalt sind bei Zimmertemperatur magnetisch. Wird das Material stark vom Magneten angezogen, handelt es sich also in aller Regel um Eisen oder niedriglegierten Stahl. Bei einer schwachen Anziehung zwischen Material und Magnet, liegt wahrscheinlich legierter Edelstahl vor. Aluminium ist nicht magnetisch.
/ Oxidation: Hat das Werkstück Roststellen gebildet, handelt es sich um Stahl. Edelstähle, auch Chromstahl genannt und Aluminium rosten nicht.
/ Gewicht: Dieses Kriterium ist besonders in Hinblick auf Aluminium relevant. Stahl hat eine viel höhere Dichte als Aluminium und ist deshalb – bei gleicher Größe – etwa dreimal so schwer.
2) Der Zusatzwerkstoff
Bevor der Anwender loslegen kann, muss er die richtige Drahtelektrode auswählen. Die Elektrode muss dabei zum Grundwerkstoff passen und im Vergleich hochwertiger sein. Der Grund: Beim Schweißen verdampfen durch die Hitze Legierungselemente im Grundmaterial sowie in der Drahtelektrode. Würde ein gleichwertiger Zusatzwerkstoff verwendet werden, wäre die Schweißnaht im Endeffekt minderwertig – das muss verhindert werden.
3) Das Schutzgas
MIG/MAG steht für Metall-Aktivgas, beziehungsweise Metall-Inertgas-Schweißen. Beides läuft unter der Bezeichnung Metall-Schutzgasschweißen. Welches Verfahren letztlich angewandt wird und wie dementsprechend die Wahl des Schutzgases ausfällt, ist ebenfalls abhängig vom Grundwerkstoff. Stähle – von unlegiert bis hochlegiert – werden mit einem Gemisch aus Argon und CO2 MAG geschweißt. MIG-Schweißen kommt bei Nichteisenmetallen wie Aluminium oder Magnesium zum Einsatz. Hierfür werden die inerten, also reaktionsträgen Gase Argon, Helium und daraus gefertigte Gemische verwendet.
4) Die Gasmenge
Als nächstes wird das Gasventil geöffnet und die Gasmenge eingestellt. Hierfür gibt es eine praktische Faustregel:
Gasmenge (Liter/Minute) = Drahtdurchmesser (Millimeter) x 10
Wenn etwa eine Drahtelektrode mit einem Millimeter Durchmesser verwendet wird, dann reichen in einer geschlossenen Werkstatt zehn Liter pro Minute aus. Bei Zugluft wird etwas mehr Gas benötigt.
5) Das Massekabel
Bevor das Schweißgerät eingestellt wird, muss das Massekabel angeschlossen werden. Die Klemme sollte so nahe wie möglich an der Nahtstelle angebracht sein. Wenn ein Schweißtisch verwendet wird, kann die Klemme am Tisch montiert werden, ansonsten ist sie direkt am Werkstück anzubringen.
6) Schweißgerät einstellen
Die wichtigsten Messgrößen beim MIG/MAG-Schweißen sind der Drahtvorschub (in Meter pro Minute), die Stromstärke (in Ampere) und die Spannung (in Volt). Sie sind immer abhängig von der Materialdicke und der Schweißposition.
Diese Parameter beeinflussen sich gegenseitig und müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein. Moderne Schweißstromquellen verfügen über synergetische Kennlinien (auch „synergic lines“). Das sind Schweißprogramme, die im Hintergrund die anderen relevanten Parameter anpassen, wenn der Schweißer an der Bedienfront eine der Größen einstellt.
Am häufigsten stellt der Schweißer die Stromstärke ein. Als Faustformel geht man dabei von etwa 50 Ampere pro Millimeter Blechstärke aus. Bewegt man sich jedoch im Bereich immer dickere Blechstärken, verringert sich dieser Faktor auf 40 oder gar 30 Ampere – da der ohnehin schon hohe Wärmeeintrag reduziert werden muss. Auch die Schweißposition beeinflusst diese Faustregel. Wird etwa steigend geschweißt, dann wird weniger Strom verwendet, damit das flüssige Schmelzbad nicht der Gravitation zum Opfer fällt. Zusätzlich gilt es die verwendeten Kennlinien zu beachten. Schweißt man zum Beispiel mit dem Impulslichtbogen, ist von Haus aus deutlich mehr Hitze im Spiel. Die Stromstärke kann infolge erheblich reduziert werden. Hat der Schweißer die Parameter am Gerät eingestellt, sollte er diese zunächst an einem Probeblech testen.
Oder: App zum Einstellen des Schweißgerätes
Das klingt alles zu kompliziert? Es gibt auch eine digitale Lösung! Schweiß-Apps führen intuitiv durch die Basisinformationen. Grundwerkstoff, Zusatz, Schutzgas, gewünschte Schweißgeschwindigkeit, Naht-Art und Anzahl der Raupen müssen lediglich eingegeben werden und im Handumdrehen erhält der Schweißer die Grund-Parametersätze: Strom, Spannung, Vorschub, Abschmelzleistung und Wärmeeinbringung.
Mit der Wizard-Funktion der Fronius WeldConnect App können diese Parameter auch direkt drahtlos via Bluetooth auf das Schweißgerät übertragen werden. Die App unterstützt so nicht nur beim Finden der richtigen Parameter, sondern spart auch Zeit beim Einstellen des Schweißgeräts.
Die App steht kostenlos für iOS im App Store und für Android im Google Play Store zum Download zur Verfügung.
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